Rund 37,5 Millionen Tonnen Hausmüll produzierten die Deutschen im vergangenen Jahr, Tendenz steigend. Somit wirft jeder Bundesbürger im Schnitt 462 Kilogramm Abfall in eine der zahlreichen Tonnen und Tüten. Sperrmüll und Industrieabfälle sind da noch gar nicht eingerechnet. Wurde noch vor wenigen Jahrzehnten der Großteil des Hausmülls einfach deponiert, landen mittlerweile weite Teile entweder in der thermischen Verwertung, sprich in der Müllverbrennung zur Strom- und Wärmegewinnung, oder werden dem Recycling-Kreislauf zugeführt.
Seit nunmehr 25 Jahren werden in Deutschland Verpackungsabfälle bei den privaten Haushalten auf Grundlage der Verpackungs-verordnung getrennt gesammelt und verwertet. In der Bevölkerung ist die Mülltrennung mittlerweile weitgehend akzeptiert.
Doch die Verpackungsverordnung hat Schwächen. Denn es ist dem Verbraucher kaum vermittelbar, warum nun der Joghurtbecher als Wertstoff in den gelben Sack gehört, die kaputte Barbiepuppe – ebenfalls aus Plastik - aber nicht. Plastik bleibt eben Plastik, und so kommt es dann zu so genannten „intelligenten Fehlwürfen“, wie es die Fachleute nennen, wenn der Verbraucher mitdenkt und die Wertstoffe auch der korrekten Verwertung zuführt, ob nun Verpackung oder nicht, denn streng genommen müsste die Barbiepuppe im Restmüll landen.
In der Politik macht man sich seit vielen Jahren über die Weiterentwicklung der Verpackungsverordnung Gedanken und strebt eine Neuregelung in einem Wertstoffgesetz an. Seit Ende letzten Jahres liegt nun ein Arbeitsentwurf eines solchen Wertstoffgesetzes vor, der kontrovers diskutiert wird. Bei der Frage, ob nun die Kommunen künftig bei der Sammlung den Hut aufhaben sollen oder die dualen Systeme die Organisationsverantwortung innehaben, gehen die Positionen teils weit auseinander.
Für Michael Thews, in der SPD-Bundestagsfraktion zuständig für dieses Thema, ist die Sache klar: „Kommunen sollen künftig starke Steuerungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Wertstoff-sammlung bekommen. Die Kommunen sind für den Bürger ein verlässlicher und krisenfester Ansprechpartner, daher wollen wir, dass die Kommunen auch weiterhin sinnvolle und bürgernahe Entscheidungen treffen können und bei der Sammlung vor Ort eine entscheidende Rolle spielen. Außerdem brauche wir eine deutlich bessere Kontrolle des Wettbewerbs“.
Michael Thews war auf Einladung seiner Fraktionskollegin und parlamentarischen Staatssekretärin Anette Kramme in den Gasthof Opel nach Himmelkron gekommen, um mit Vertretern von Kommunen, Unternehmen und der Politik über das neue Wertstoffgesetz zu diskutieren. In ihren Eingangsworten wies Anette Kramme darauf hin, dass eine zeitnahe Einigung auf ein neues Wertstoffgesetz ökonomisch und ökologisch von größter Bedeutung sei.
Dem pflichtete auch Thews bei, der eine Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode forderte. Der jetzt vorliegende Arbeitsentwurf müsse noch in einigen Punkten verbessert werden, insbesondere was die Stellung der Kommunen angehe. Hier würden sich allerdings Umsetzungsschwierigkeiten zeigen. Unter Umständen müsse man nochmal über eine Sammelverantwortung für die Kommunen nachdenken.
Ob nun künftig zur Sammlung aller Wertstoffe eine Tonne bereitgestellt oder Säcke zur Verfügung gestellt werden, müsse im Einzelfall immer vor Ort entschieden werden. „Das wichtigste ist, dass wir die Recyclingquoten erhöhen“.
Thomas Mehl, Geschäftsführer des Entsorgungsunternehmens BellandVision aus Pegnitz, will hingegen die Organisationsverantwortung der Sammlung nicht in kommunaler Hand sehen. Er befürchte aufgrund des fehlenden Wettbewerbs höhere Kostenbelastungen für Unternehmen und Bürger bei einer gleichzeitigen Gefährdung der bisher erreichten ökologischen Erfolge. Eine kommunale Organisationsverantwortung würde ökologisch zu einem Rückschritt führen, da Kommunen weder über entsprechende Organisations- oder Verwertungskompetenz verfügen noch ein Interesse an ambitionierten Recyclingquoten hätten.
Mistelgaus Bürgermeister Karl Lappe appellierte, schnellstmöglich zu einem Wertstoffgesetz zu kommen und deutschlandweit verpflichtend eine Wertstofftonne oder einen Sack einzuführen. „Ob das nun kommunal oder privat organisiert wird, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass wir die Recyclingquote nach oben bringen“.
Dr. Peter Michael Habermann, Fachbereichsleiter der Abfallwirtschaft am Landratsamt Bayreuth, appellierte, das Gesetz nicht zu kompliziert zu machen, schließlich sei die Glaubwürdigkeit eines Systems von entscheidender Bedeutung. Die Bürger dürften nicht an der Effizienz eines Recyclingsystems zweifeln, sonst ließen sich die gewünschten Quoten nicht mehr erreichen.