Nutztierhaltung und Tierwohl muss kein Widerspruch sein

02. Juni 2017

Gut 50 Bürgerinnen und Bürger waren in das Gemeindehaus St. Georgen gekommen, um mit der Parlamentarischen Staatssekretärin Anette Kramme (SPD) und dem Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, über artgerechte Nutztierhaltung zu diskutieren. „Der Tierschutz ist zwar im Grundgesetz verankert, den notwenigen Stellenwert hat er aber nicht“, so Anette Kramme eingangs. „Küken, die millionenfach geschreddert werden, weil es für sie keine Verwendung gibt. Kälber, die auf viel zu langen Tiertransporten verenden. Schweine, die ohne Betäubung kastriert werden. Kühe, die ihr Leben lang im Stall angebunden sind und sich kaum bewegen können – es gibt viele Grausamkeiten, die wir stoppen wollen.“

Thomas Schröder kritisierte die derzeitigen gesetzlichen Standards und forderte eine dringende Überarbeitung, denn von artgerechter Tierhaltung könne oft keine Rede sein. „Beispiel: Putenhaltung - extremer Platzmangel, die angezüchteten Probleme des Bewegungsapparates und die enge Umgebung verhindern, dass Puten ihr arteigenes Verhalten ausleben können.

Die Folgen sind massive Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus, die bis zum Tod der Puten führen können.“

Auch die Haltungsbedingungen und der Umgang mit den Milchkühen müssten dringend verbessert werden, so der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes weiter. Schröder machte auf das Tierschutzlabel „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes aufmerksam. Das Label stellt für Milchkühe verbindliche Forderungen hinsichtlich des Platzangebots, das den Tieren zur Verfügung stehen muss und schreibt separate Kranken- und Abkalbebuchten vor. Verboten sind die Anbindehaltung sowie die betäubungslose Enthornung und die Schlachtung trächtiger Kühe. In der Premiumstufe müssen die Kühe zusätzlich Zugang zu einem Laufhof und einer Weide haben. Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd sind bereits Partner.

„Bei der Privatmolkerei Bechtel, die Lidl beliefert, sind bereits erste Ställe für die Premiumstufe zertifiziert, z.B. der Hof der Familie Ströbel in Altencreußen“, führte Thomas Schröder aus.

Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes appellierte bei der Veranstaltung auch an die Verbraucher. „Durch unser Kaufverhalten können wir den Tierschutz verlässlich stärken. Wenn wir Tierschutz fordern, müssen wir auch bereit sein, dafür zu bezahlen.“ „Wir dürfen bei unserer Forderung nach mehr Tierschutz und Tierwohl in den Ställen aber unsere Landwirte nicht alleine lassen, sondern müssen diejenigen unterstützen, die bereit sind, für eine artgerechte Haltung zu sorgen, auch in finanzieller Hinsicht“, so Anette Kramme. Sie sprach sich für ein staatliches Tierschutzlabel sowie eine nationale Nutztierstrategie aus. Der Umbau und die Neuausrichtung der landwirtschaftlichen Tierhaltung erhalte dadurch eine für alle verbindliche Richtung.

Die SPD-Fraktion sei in dieser Legislaturperiode die treibende Kraft beim Tierschutz gewesen. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hätte regelmäßig zum Jagen getragen werden müssen. „Er liefert weder das notwendige Mehr an Tierschutz, noch kommt er dem Wunsch der Verbraucher nach mehr Transparenz nach, oder dem der Landwirtschaft nach Unterstützung und Planungssicherheit.“

Daraus entwickelte sich eine intensive Diskussion mit dem Publikum. Einig waren sich die Beteiligten vor allem darin, dass die Menschen in der Gesellschaft ihre Konsumgewohnheiten hinterfragen müssen, damit Tierschutz effektiv gelingen kann.

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