Politischer Aschermittwoch mal anders: Mehr Kultur wagen!

Mehr Kultur wagen: Am politischen Aschermittwoch sprachen Experten über die Kulturlandschaft in Bayreuth. Foto: Alex Bauer

14. März 2019

Auch eine Sozialdemokratin oder ein Sozialdemokrat hat ja per se nichts gegen Traditionen. Viele davon erweichen unsere Herzen und sorgen für Stabilität. Und auch die Tradition des gegenseitigen Polterns hat Ihren Sinn und Platz. Da wir uns jedoch in diesem Jahr aufgrund der Kommunalwahlen sowieso ständig um die Ohren werfen werden, was falsch lief, hat sich die SPD dieses Jahr für ein neues Format entschieden: Inhalt statt inhaltsleerer Floskeln!

Dazu wurden alle Kulturinteressierten der Bayreuther Szene eingeladen, an einer Podiumsdiskussion mit Bayreuther Kulturschaffenden teilzunehmen. Den bohrenden Fragen des Moderators Sebastian Norck stellten sich Dr. Katharina Fink, Kulturwissenschaftlerin und Veranstalterin (Büro Himmelgrün, BayFinK, Bayreuth blättert), Dr. h. c. Sissy Thammer, Intendantin und Geschäftsführerin (Festival junger Künstler Bayreuth) und Dr. Fergus Wünschmann, Kunst- und Kultursoziologe.

Auf die Defizite der Bayreuther Kulturszene angesprochen, erklärte Fergus Wünschmann, dass er insbesondere zeitgenössische Kunst vermisse. Katharina Fink dagegen würde sich vor allem mehr Lyrik und Theater wünschen sowie ein lebendiges Stadtmuseum. Sissy Thammer insistiert, es fehle vor allem der Mut zu mehr Kreativität und dem Wunsch nach Neuem. Fergus Wünschmann erklärte, dass für viele Kulturangebote schlicht das Publikum nicht vorhanden wäre: „Bayreuth ist eine Museumsstadt, keine Kulturstadt“. Sissy Thammer sah dies naturgemäß anders und attestierte Bayreuth den Rang einer Welthauptstadt der Musik und der Poesie unter der Dominanz Wagners.

So führte sie aus, es sei zwar richtig, dass Wagner das Markenzeichen Bayreuths sei, aber längst hätte sich darum ein kompliziertes Geflecht an anderen Kulturformaten gelegt. Darauf erklärt Fergus Wünschmann, dass etwa die Subkültür der Versuch sei, einen Raum der Freiheit und der Freiräume des Experimentierens zu geben. Bayreuth blättert unternahm den Versuch, Literatur neu zu erleben: Wie fühlt sich Literatur an, wie kann sie haptisch werden, wenn man sie in leichter Sprache oder in Gebärdensprache präsentiert, ergänzte Katharina Fink. Sissy Thammer nannte ihrerseits das Festival junger Künstler, welches gerade nicht im Schatten Wagner stattfinde, sondern schon seit 1950 ein modernes, weltoffenes und internationales kulturelles Gegenstück zur nationalsozialistisch belasteten Vergangenheit Bayreuths ist. Sie glaubt, „es braucht junge Menschen, die den Mut haben und stark genug sind, diejenigen Probleme zu lösen, die wir noch gar nicht kennen“.

So stand die Frage im Raum, wie die Stadt Bayreuth dieser verzweigten Kulturszene helfen kann. Katharina Fink wünscht sich ein Forum, in welchem sich Kulturschaffende und Kulturinteressierte ungezwungen treffen und austauschen können. Fergus Wünschmann fügte hinzu, dass man nicht so tun solle, als wäre Kultur kostenlos. „Kultur kostet Geld und darf nicht vollständig ökonomisiert werden“. Das Angebot sei schon zu groß für das Bayreuther Publikum. Die Stadt täte daher gut daran, zu priorisieren und sich auf bestimmte Kulturziele zu fixieren. Außerdem brauche man mehr Professionalisierung: „Darf denn ernsthaft Kultur durch das Bauamt gemacht werden?“. Katharina Fink stimmt ihm zu und erklärt, dass Kultur in dieser Größenordnung nicht durch Ehrenamtliche gestemmt werden könne. Die Ehrenamtlichen dürften nicht überfordert werden, das schade allen mehr als es nütze.

Dem neuen Kulturreferenten wünschen alle drei, dass er in der Stadt willkommen geheißen werde. Nach Fergus Wünschmann solle man in ihm nur bitte nicht den Heilsbringer sehen, sondern ihm ruhig viel Zeit geben, sich einzuarbeiten und die Kulturszene Bayreuths zu verstehen. Sissy Thammer hofft inständig, dass die Stadtvertreter ihrem neuen Referenten vertrauen werden: „Hört auf den Rat der Vollprofis!".

Die SPD hat sich sehr über den gelungenen Abend gefreut: Es ist schön zu sehen, wie viel Potential in Bayreuth steckt und welch enormes Wissen und Ideen unsere Bayreuther haben, wenn wir Ihnen zuhören.

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